
Auf Antrag der SPD-Fraktion aus Juni 2018 wurde erstmals am 20. September im Finanz-, Wirtschaft- und Sozialausschuss des Kreistages das Thema der Wohnraumversorgung im Landkreis behandelt.
Beraten und diskutieren konnten die Ausschussmitglieder auf Grundlage der Antworten der Kreisverwaltung, die zu Fragen der SPD im Vorfeld Stellung bezogen hat. So zählt laut Verwaltung die Schaffung sozialverträglichen Wohnraums nicht klassisch zu den Aufgaben der Daseinsvorsorge, kann aber als freiwillige Aufgabe übernommen werden. Dabei sieht der Kreis aber in erster Linie die Städte und Gemeinden in der Verantwortung.
Die SPD-Kreistagfraktion sieht den Landkreis als übergeordnete Steuerungsebene aber durchaus in der Verpflichtung. Daher sollte aus Sicht der SPD unbedingt die strategische Ausrichtung des Landkreises im Bereich der Wohnraumversorgung definiert und gleichzeitig auch weitere Lösungsansätze zur nachhaltigen Verbesserung der bestehenden Wohnraumproblematik erarbeitet werden, insbesondere auch in Bezug auf den klassischen sozialen Wohnungsbau. Diesen gibt es in der ursprünglichen Form (fast) gar nicht mehr.
Mit der Föderalismusreform aus 2006 ist soziale Wohnraumförderung in die Gesetzgebungskompetenz der Länder übergegangen. Mit dem Rückzug des Bundes und der Abschaffung der Privilegien und der Bindungen der Wohnungsgemeinnützigkeit, die im Wesentlichen durch die Prinzipien Gewinnverzicht, Abstellung auf Bedürftige, Bauverpflichtung und Zweckbindung der Mittel gekennzeichnet war, erfolgte in den letzten 20 Jahren ein Bedeutungsverlust des sozialen Wohnungsbaus. Die Aufhebung der Gemeinnützigkeit führte zu einer Privatisierung mit einhergehender Renditemaximierung.
Viele Bundesländer haben die Kompensationsmittel des Bundes (insgesamt 518 Millionen Euro) häufig nicht komplett ausgegeben oder für andere Baumaßnahmen als für die Schaffung von Sozialwohnungen verwendet. Jahr für Jahr verlieren ca. 100.000 Wohnungen ihren Status als Sozialwohnung. Gab es 1987 noch 3,9 Millionen Sozialwohnungen, waren es 2002 noch rund 2,5 Millionen und 2015 noch knapp 1,5 Millionen) Dabei werden etwa ein Drittel sozial und preislich gebundene Wohnungen als Voraussetzung für eine sozial ausgleichende Wohnungspolitik angesehen.
Die Zahl der Personen mit Wohnberechtigungsschein oder dem Anrecht darauf ist höher als der Bestand an Sozialwohnungen. Das Ergebnis einer Studie durch Matthias Günther vom Pestel Institut in Hannover zeigt eine “unglaubliche Diskrepanz” zwischen Bedarf und Bestand. Ermittelt wurden 5,6 Millionen Haushalte als sogenannte “Bedarfsträger für sozialen Mietwohnraum”.
Die Frage des sozialen Wohnungsbaus kann, so die Erfahrungen der letzten Jahre, durch private Dritte nicht zufriedenstellend gelöst werden. Daher ist wirtschaftliche Betätigung der Kommunen durch den öffentlichen Zweck gerechtfertigt. Gleichzeitig bestehen auch ein überörtliches Interesse und eine Bedeutung für den Landkreis in seiner Gesamtheit.
Der Landkreis Vechta ist neben seinen zehn Städten und Gemeinden sowie zwei Banken Gesellschafter der GeWobau, dessen Zweck vorrangig eine sichere Wohnungsversorgung in sozialer Verantwortung für breite Schichten der Bevölkerung ist. Das Stammkapital beträgt 1,75 Mill. Euro. Bezahlbarer Mietwohnungsbau ist ohne Unterstützung fast unmöglich, so die Aussage des Geschäftsführers der Gewobau auf der Gesellschafterversammlung im September 2018. Die Erhöhung des Stammkapitals kann, so die Antwort der Kreisverwaltung auf die Anfrage der SPD, ein geeignetes Mittel sein, den finanziellen Spielraum für Investitionen zu erhöhen.
Der Antrag der SPD-Fraktion, die Möglichkeit der Schaffung von Sozialwohnungen im Landkreis Vechta durch Erhöhung des Stammkapitals der GeWobau zu prüfen wurde vom Kreistag einstimmig angenommen.
(Oktober 2018)